Luftbelastungen durch die sogenannten VOCs haben seit dem Zeitalter der Industrialisierung stetig an Bedeutung gewonnen. Der Hauptverursacher ist der Verkehr. Dicht dahinter folgt der Bausektor. Hier sind es vor allem bauchemische Produkte wie Anstrichstoffe, Klebstoffe und Dichtungsmassen, die für die Emissionen der VOCs verantwortlich sind. In Innenräumen kommen als VOC-Verursacher außerdem Einrichtungsgegenstände, Reinigungs- und Pflegemittel, Bürochemikalien, Teppichböden oder Tabakrauch in Frage. Weitere VOC-Quellen sind mikrobiotische Stoffwechselsubstanzen, die durch Bakterien und Pilze verursacht werden.
Doch während der Gesetzgeber davon ausgeht, dass der Einfluss von VOCs generell immer negativ ist, sieht die moderne Wissenschaft das heutzutage deutlich differenzierter – speziell mit Blick auf Holz und Holzwerkstoffe. Das Gefährdungspotenzial für den Menschen kann nicht pauschal benannt werden, da es sich um verschiedene Stoffe mit sehr unterschiedlichen Auswirkungen auf die Gesundheit handelt. Ihre Bedeutung hat im Verhältnis zu anderen Innenraumluftverunreinigungen zwar in den vergangenen Jahren tendenziell abgenommen, grundsätzlich aber bleiben sie bedeutsam. Dies hat in erster Linie damit zu tun, dass moderne Gebäude in einer luftdichteren Bauweise als früher erbaut werden, oftmals ohne über ein intelligentes Lüftungssystem zu verfügen. Gleiches gilt für Modernisierungen. Eines der häufigsten und am stärksten gesundheitsgefährdenden Quellen von VOCs sind Schimmelpilze. Schimmelpilze bilden sich meist in Verbindung mit Feuchteschäden, unzureichendem Wärmeschutz in Verbindung mit mangelhafter Lüftung an der Bausubstanz. Sie verbreiten Pilzsporen, die sich als mikroskopisch kleine Schwebeteilchen in der Raumluft befinden. Rund ein Drittel aller allergischen Erkrankungen sind auf Schimmelpilze bzw. deren Sporen zurückzuführen. Auch Atemwegserkrankungen und Infektionen gehen auf das Konto des Schimmelpilzes. Durch die Bildung des Stoffwechselprodukts MVOC (microbial volatile organic compounds) ist er zudem ein lästiger Geruchsherd. Die Freisetzung von organischen Verbindungen aus Bauprodukten kann die Raumluftqualität erheblich beeinflussen.
Für die gesundheitliche Bewertung von Bauprodukten in Deutschland wurde durch den Ausschuss zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten das nach ihm benannte AgBB-Schema entwickelt, das die gesundheitliche Gefährdung von Emissionen flüchtiger und schwerflüchtiger Verbindungen bewertet, die aus dem für den Innenraum relevanten Bauprodukten stammen. In anderen europäischen Ländern entstanden ähnliche Systeme, die sich aber alle an jeweils unterschiedlichen Grenzwerten und Bewertungskriterien orientieren. Die bestehenden Verfahren und Systeme messen das Emissionsverhalten unter definierten Bedingungen in Prüfkammern. Der Bezug zu den realen Verhältnissen in Innenräumen ist dabei nur unzureichend berücksichtigt. Um diese Systeme zu harmonisieren, wurde das Europäische Normungsinstitut (CEN ) von der Kommission der Europäischen Union beauftragt, ein Messund Bewertungsschema für „regulierte gefährliche Stoffe“ im Innenraum, also vorwiegend VOCs, zu erarbeiten.
Herausgeber (verantw.): Verband der Deutschen Holzwerkstoffindustrie e. V.,
Dr. Peter Sauerwein, Ursulum 18, 35396 Gießen,
November 2013